Geschichte des Strohballenbaus

Der Strohballenbau entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit der Entwicklung erster praktikablen Strohballenpressen (in den 1890er Jahren) in den USA. Damals war es nicht möglich loses Stroh und Heu in Zügen zu transportieren, weil die meisten Eisenbahngesellschaften dies untersagten.

In Gebieten wie Nebraska bestand hoher Bedarf nach Wohnraum, jedoch fehlten den Siedlern Baumaterialien. 


In andere Regionen hatten die Siedler hingegen besseren Zugang zu Holz, Lehm oder leicht bearbeitbaren Natursteinen. Als nun die ersten gepressten Strohballen auf dem Acker lagen, war für die meist aus Europa stammenden Siedler sehr naheliegend, diese ähnlich wie Mauervollziegel zu verwenden, da sie in etwa ähnliche Seitenverhältnisse aufweisen.

Das Mauern der Strohballen erfolgte im Verband gemeinsam mit Holz für Dach, Türen und Fenster. Was ursprünglich als Provisorium gedacht war, erwies sich nach Verputzarbeiten als sehr dauerhafte & solide Lösung. Die meisten historischen Strohbauten in den USA entstanden zwischen 1915 und 1930, wovon einige bis heute erhalten sind.

Mit der Ausbreitung der Chemieindustrie, die den Bausektor monopolisieren wollte, geriet der Strohballenbau und andere natürliche Baustoffe in den Hintergrund. In den frühen 1980er Jahren erlebte der Strohballenbau dank Pionieren wie David Eisenberg, Matts Myhrman und dem Ehepaar Steen in den USA eine Wiederbelebung und einen starken Aufschwung. Alte Techniken wurden neu aufgegriffen und weiterentwickelt. Die amerikanische Tradition des "Owner Builder" - selbstständiges Hausbauen - trug zur Verbreitung bei, da Amerikaner seit Generationen ihre Häuser selbst bauen und mehr baurechtliche Freiheiten haben als in Europa. Die USA sind eines der wenigen Länder mit einer eigenen Bauverordnung für die lasttragende Strohbauweise. In Europa wurde nur ein kleiner Teil des Strohs für verschiedene Produkte wie Strohhäcksel, Ölbinder, Algenvernichter und Pellets genutzt, während der Rest verbrannt oder zur Energiegewinnung verwendet wurde.

Aufgrund unterschiedlicher Ansichten bezüglich der Bauweise, erhielt Stroh als Baumaterial im europäischen Raum nur wenig Anerkennung und Beachtung. Günstige Baukonstruktionen wurden in europäischen Kulturkreisen mit ärmeren Verhältnissen assoziiert, was nicht wünschenswert war. Die ersten Strohbauten entstanden in Verbindung mit historischen Ereignissen wie der Tschernobyl-Nuklearkatastrophe, die einen raschen und kostengünstigen Bedarf an Unterkünften schuf. Großbritannien war das erste europäische Land, das Stroh als Baumaterial schätzte und damit nicht nur Häuser, sondern auch Möbel und Innenausbauten herstellte. Holland, Frankreich und Dänemark akzeptierten den Strohballenbau ebenfalls früher als andere europäische Länder.

Im Jahr 1990 wurde das europäische Strohballennetzwerk (ESBN) gegründet, von dem aus sich viele nationale Netzwerke wie der "Fachverband Strohballenbau Deutschland" (FASBA) und das "Austrian Strawbale Network" (ASBN) entwickelten. Deutschland, Österreich und die Schweiz haben mittlerweile eine aktive Strohballenbauszene, die sich in Richtung besserer Organisation und Professionalisierung bewegt. In vielen Ländern gibt es nun zertifizierte Strohhändler, was die baurechtliche Situation vereinfacht.

Im Unterschied zu anderen Ländern wird in Deutschland und Österreich der Strohballenbau überwiegend in Verbindung mit Holzständerkonstruktionen genutzt. Dabei kommen hauptsächlich stehende oder liegende Kleinballen zum Einsatz. Bei der lasttragenden Bauweise dominieren eher Jumboballen, während die klassischen Kleinballen seltener verwendet werden.

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